Postkarten waren um 1900 günstiger als Briefe oder Telegramme und wurden von vielen Menschen für Kurzinformationen genutzt. Auch weniger geübte Schreiber*innen versendeten Postkarten – im Gegensatz zum Brief, der eher ein Medium von Bürgerlichen war.
Postkarten wurden auch für touristische Grüße genutzt und konnten innerhalb eines Tages geschrieben, verschickt und zugestellt werden. In Berlin wurde die Post um 1900 acht- bis elfmal täglich ausgetragen, was kurzfristige Verabredungen ermöglichte. Die Ansichtskarte war Ausdruck und Motor der beschleunigten Kommunikation in der Stadt. Auch der Versand ins Ausland dauerte oft nur einen Tag.
Für viele Menschen stellten Bildpostkarten oft die einzigen Abbildungen ihrer Nachbarschaft oder ihrer Arbeitsplätze dar. Sie nutzten diese Ansichtskarten, um die eigene Wohnumgebung, das Wohnhaus, den Arbeitsplatz oder eine Abbildung von sich selbst zu zeigen.
Ansichtskarten wurden nicht nur für die individuelle Kommunikation hergestellt und verwendet. Betriebe warben mit Bildpostkarten für ihre Dienstleistungen und Parteien für ihre politischen Botschaften.
Schon um 1900 wurden Postkarten verwendet, um von Reisen zu berichten und diese zu illustrieren. Auch kurzfristige Absprachen zur Rückkehr konnten aufgrund der kurzen Versanddauer über Ansichtskarten organisiert werden.
Im Gegensatz zum verschlossenen Brief waren handschriftliche Botschaften auf Postkarten für alle unmittelbar lesbar. Das hielt die Absendenden nicht davon ab, auch private Angelegenheiten anzusprechen.
Um 1900 wurden Ansichtskarten – ähnlich wie Social Media heute – zur Bebilderung des Alltags genutzt: Menschen markierten ihre Wohnungen oder Arbeitsplätze oder kommentierten abgebildete Ereignisse, die sie selbst erlebt hatten.
Die Hochphase der Bildpostkarte fiel zusammen mit der Industrialisierung und dem massenhaften Zuzug von Arbeiter*innen von nah und fern in die Städte. Häufig wurden Postkarten zur Vermittlung der neuen Lebenswelt genutzt; z.B. mit Markierungen der neuen Wohnstätten oder Arbeitsplätze direkt auf den Motiven.
Im Zuge der Militarisierung im Kaiserreich zogen viele junge Männer in die städtischen Kasernen und berichteten ihren Familien per Postkarte von ihrem neuen Alltag. Oft wählten sie Bildpostkarten mit Motiven des Kasernenlebens. Da Kreuzberg ein wichtiger militärischer Standort war, gibt es viele solcher Karten in der Sammlung Peter Plewka.
In der Gastronomie konnten Ansichtskarten von Restaurants und Kneipen oft direkt vor Ort gekauft und verschickt werden. Durch die mehrmalige tägliche Postauslieferung war es möglich, schnell mitzuteilen, wo man sich gerade aufhielt und mit wem, und andere einzuladen, vorbeizukommen.
Mit Postkarten wurden auch alltägliche Angelegenheiten geregelt, und durch die regelmäßige Zustellung konnte dies schnell erfolgen. Da nur wenige Menschen um die Jahrhundertwende Zugang zu einem Telefon hatten, ersetzte die Postkarte oftmals Telefongespräche.
Druckfrische Ansichtskarten ermöglichten, tagesaktuell von außergewöhnlichen Ereignissen zu berichten. Seit den 1860er Jahren führten die Weiterentwicklung der Kameratechnik und kürzere Belichtungszeiten zu einer raschen Verbesserung der Fotografie. Dank schneller Produktionszeiten konnten diese Fotografien innerhalb weniger Stunden als Postkarten verfügbar gemacht werden, was es den Menschen ermöglichte, zeitnah über Ereignisse zu informieren.