Postkarten als
Kommunikationsmittel

Postkarten waren um 1900 günstiger als Briefe oder Telegramme und wurden von vielen Menschen für Kurzinformationen genutzt. Auch weniger geübte Schreiber*innen versendeten Postkarten – im Gegensatz zum Brief, der eher ein Medium von Bürgerlichen war.
Postkarten wurden auch für touristische Grüße genutzt und konnten innerhalb eines Tages geschrieben, verschickt und zugestellt werden. In Berlin wurde die Post um 1900 acht- bis elfmal täglich ausgetragen, was kurzfristige Verabredungen ermöglichte. Die Ansichtskarte war Ausdruck und Motor der beschleunigten Kommunikation in der Stadt. Auch der Versand ins Ausland dauerte oft nur einen Tag.
Für viele Menschen stellten Bildpostkarten oft die einzigen Abbildungen ihrer Nachbarschaft oder ihrer Arbeitsplätze dar. Sie nutzten diese Ansichtskarten, um die eigene Wohnumgebung, das Wohnhaus, den Arbeitsplatz oder eine Abbildung von sich selbst zu zeigen.
Ansichtskarten wurden nicht nur für die individuelle Kommunikation hergestellt und verwendet. Betriebe warben mit Bildpostkarten für ihre Dienstleistungen und Parteien für ihre politischen Botschaften.

Touristische Kommunikation

Schon um 1900 wurden Postkarten verwendet, um von Reisen zu berichten und diese zu illustrieren. Auch kurzfristige Absprachen zur Rückkehr konnten aufgrund der kurzen Versanddauer über Ansichtskarten organisiert werden.

„Lieber Schatz es ist alles wieder gut, vergesse alles es ist nichts zwischen uns vorgefallen.“„Gruss aus G. Rabe’s Restaurant und Festsälen“ / Fichtestr. 29, o.D. (verschickt 1903), SPP / FHXB 0885
„Lieber Schatz es ist alles wieder gut, vergesse alles es ist nichts zwischen uns vorgefallen.“
„Gruss aus G. Rabe’s Restaurant und Festsälen“ / Fichtestr. 29, o.D. (verschickt 1903), SPP / FHXB 0885
„Bin ich nicht hübsch?? Und wenns Sie mir immer noch nach dem Läben trachten, sollen Sie mal sehen, kriegen Sie es mit die sechs Göhren zu thun.“Lindenstr. 94, o.D. (verschickt: datum unlesbar), SPP / FHXB 2611
„Bin ich nicht hübsch?? Und wenns Sie mir immer noch nach dem Läben trachten, sollen Sie mal sehen, kriegen Sie es mit die sechs Göhren zu thun.“
Lindenstr. 94, o.D. (verschickt: datum unlesbar), SPP / FHXB 2611
Intime Kommunikation

Im Gegensatz zum verschlossenen Brief waren handschriftliche Botschaften auf Postkarten für alle unmittelbar lesbar. Das hielt die Absendenden nicht davon ab, auch private Angelegenheiten anzusprechen.

Markierung von „unsere Filiale“Prinz-Albrecht-Str. / Zimmerstr., o.D. (verschickt 1912), SPP / FHXB 3410
Markierung von „unsere Filiale“
Prinz-Albrecht-Str. / Zimmerstr., o.D. (verschickt 1912), SPP / FHXB 3410
„In diesem Haus wohnen wir. Und wo das x ist, befindet sich unser Erkerfenster. Schönster Platz zum Ausruhen. Hier war früher ein Kanal auf dem Schiffe fuhren.“Elisabethufer, o.D. (verschickt 1936), SPP / FHXB 2691
„In diesem Haus wohnen wir. Und wo das x ist, befindet sich unser Erkerfenster. Schönster Platz zum Ausruhen. Hier war früher ein Kanal auf dem Schiffe fuhren.“
Elisabethufer, o.D. (verschickt 1936), SPP / FHXB 2691
Der bebilderte Alltag

Um 1900 wurden Ansichtskarten – ähnlich wie Social Media heute – zur Bebilderung des Alltags genutzt: Menschen markierten ihre Wohnungen oder Arbeitsplätze oder kommentierten abgebildete Ereignisse, die sie selbst erlebt hatten.

Markierung eines Hauses: „hier ist unsere Wohnung“, „habe durch Zufall diese Karte gefunden (…)“Bergmannstr., o.D. (verschickt 1904), SPP / FHXB 0419
Markierung eines Hauses: „hier ist unsere Wohnung“, „habe durch Zufall diese Karte gefunden (…)“
Bergmannstr., o.D. (verschickt 1904), SPP / FHXB 0419
Berichte aus dem neuen Leben

Die Hochphase der Bildpostkarte fiel zusammen mit der Industria­li­sierung und dem massenhaften Zuzug von Arbeiter*innen von nah und fern in die Städte. Häufig wurden Postkarten zur Vermittlung der neuen Lebenswelt genutzt; z.B. mit Markierungen der neuen Wohnstätten oder Arbeitsplätze direkt auf den Motiven.

„(…) ich hatte das Soldatenleben mir schlechter vorgestellt“.Kaserne des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2 mit Wache, o.D. (verschickt 1910), SPP / FHXB 0617
„(…) ich hatte das Soldatenleben mir schlechter vorgestellt“.
Kaserne des Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiments Nr. 2 mit Wache, o.D. (verschickt 1910), SPP / FHXB 0617
Soldaten schreiben nach Hause

Im Zuge der Militarisierung im Kaiserreich zogen viele junge Männer in die städtischen Kasernen und berichteten ihren Familien per Postkarte von ihrem neuen Alltag. Oft wählten sie Bildpostkarten mit Motiven des Kasernenlebens. Da Kreuzberg ein wichtiger militärischer Standort war, gibt es viele solcher Karten in der Sammlung Peter Plewka.

„Freundlichen Gruss aus unserem alten, lieben Café, wo ich nun traurig allein sitze. Habe auf dich von 7 Uhr – ½ 8 Uhr vergebens gewartet.”Café Süd West, Belle-Alliance-Platz 9, 1905 (verschickt 1906), SPP / FHXB 3138
„Freundlichen Gruss aus unserem alten, lieben Café, wo ich nun traurig allein sitze. Habe auf dich von 7 Uhr – ½ 8 Uhr vergebens gewartet.”
Café Süd West, Belle-Alliance-Platz 9, 1905 (verschickt 1906), SPP / FHXB 3138
Grüße aus der Kneipe

In der Gastronomie konnten Ansichtskarten von Restaurants und Kneipen oft direkt vor Ort gekauft und verschickt werden. Durch die mehrmalige tägliche Postauslieferung war es möglich, schnell mitzuteilen, wo man sich gerade aufhielt und mit wem, und andere einzuladen, vorbeizukommen.

Kurzfristige Nachrichten

Mit Postkarten wurden auch alltägliche Angelegenheiten geregelt, und durch die regelmäßige Zustellung konnte dies schnell erfolgen. Da nur wenige Menschen um die Jahrhundertwende Zugang zu einem Telefon hatten, ersetzte die Postkarte oftmals Telefongespräche.

Berichte von Ereignissen

Druckfrische Ansichtskarten ermöglichten, tagesaktuell von außergewöhnlichen Ereignissen zu berichten. Seit den 1860er Jahren führten die Weiterentwicklung der Kameratechnik und kürzere Belichtungszeiten zu einer raschen Verbesserung der Fotografie. Dank schneller Produktionszeiten konnten diese Fotografien innerhalb weniger Stunden als Postkarten verfügbar gemacht werden, was es den Menschen ermöglichte, zeitnah über Ereignisse zu informieren.

Autor*in

Jana König
Sonja Lindhauer