Postkarten-Sammeln in
Vergangenheit und Gegenwart

Das Sammeln von Bildpostkarten begann in den 1890er Jahren vor allem in bürgerlichen Kreisen. Zu dieser Zeit organisierten sich viele Sammler*innen in Vereinen und entwickelten eigene Sammelkonventionen. Es gab unterschiedliche Ansätze: Beim „Gebraucht-Sammeln“ stand die Korrespondenzfunktion im Vordergrund; das „Ungebraucht-Sammeln“ fokussierte unversandte Karten.
Das Sammeln von Bildpostkarten galt als ein mit wissenschaftlichem Interesse verbundener Sport. Die Postkarte wurde dabei als Quelle und Beleg der Vergangenheit und Gegenwart betrachtet.
Viele Frauen waren in diesem Sammelsport aktiv, was oft von frauenfeindlichen Zuschrei­bungen begleitet wurde. Mit dem „weiblichen“ Sammeln wurde abwertend das vermeintlich „gefühlsbetonte“ und „unsystematische“ Sammeln bezeichnet; das „männliche“ Sammeln galt dagegen als „rational“ und „systematisch“.
Auch Museen und Archive begannen bereits ab etwa 1900, solche Bildpostkarten in ihre Sammlungen aufzunehmen. Dabei lag der Schwerpunkt häufig auf den Bildmotiven, während die Korrespondenz und die politischen Kontextaspekte oft weniger beachtet wurden.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs nahm die Bedeutung des Postkarten-Sammelns zunächst ab. Ende der 1960er Jahre änderte sich dies – nun wurde mit einem Fokus auf historische Bildpostkarten gesammelt. Es entstanden neue Vereine zum Tauschen und Sammeln.

Sammelvereine im Kaierreich

Ansichtskartensammelvereine organisierten sich im Deutschen Kaiserreich regional, das Ziel war jedoch ein internationaler Austausch – über das Lokale und auch über das Nationale hinaus sollten Karten aus der ganzen Welt gesammelt werden.

„Nachmittags gegen 4 Uhr garnichts los (…) scheint Versammlungsort der hier wohnenden Spießbürger zu sein. Schnitzel für 1,00 Mark.“Adalbertstr. 21, o.D. (verschickt 1903), SPP / FHXB 0007
„Nachmittags gegen 4 Uhr garnichts los (…) scheint Versammlungsort der hier wohnenden Spießbürger zu sein. Schnitzel für 1,00 Mark.“
Adalbertstr. 21, o.D. (verschickt 1903), SPP / FHXB 0007
„Für die Kartensammlung!“ „Sehr feines Café der Demiemonde“; damit war eine elegante, aber anrüchige Gesellschaftsschicht gemeint.Besselstr. 23, o.D.(verschickt 1900), SPP / FHXB 0507
„Für die Kartensammlung!“ „Sehr feines Café der Demiemonde“; damit war eine elegante, aber anrüchige Gesellschaftsschicht gemeint.
Besselstr. 23, o.D.(verschickt 1900), SPP / FHXB 0507
Mit den Worten „Für die Kartensammlung!“ überschriebenAdmiralstr. 38, o.D. (verschickt 1901), SPP / FHXB 0037
Mit den Worten „Für die Kartensammlung!“ überschrieben
Admiralstr. 38, o.D. (verschickt 1901), SPP / FHXB 0037
Der Sammler Hans Friedrichs

In der Sammlung Peter Plewka ist ein „Gebraucht-Sammler“ prominent vertreten: Hans Friedrichs sammelte um 1900 als Privatperson Ansichtskarten, v.a. von Berliner Kneipen, Restaurants und Festsälen. Manche Stücke sind mit „Für die Kartensammlung!“ überschrieben und mit seinen Kommentaren zum jeweiligen Lokal versehen.

Sammeln der Vergangenheit

1961 entstand die Philokartisten-Union Europas (PUE), die u.a. den „Ansichtskarten-Sammlerbrief“ zum Tausch und Sammeln von Karten herausgab. Von dem Mitglied Günter Jechow der Berliner Gruppe stammen einige Karten in Peter Plewkas Sammlung.

Peter Plewka und die Sammlung

Peter Plewka wurde am 11. September 1938 in Kreuzberg geboren und starb dort am 25. Oktober 2022. Über 70 Jahre lebte er in der Lausitzer Straße 7.

Während seiner Ausbildung zum Verwaltungsangestellten begann er, die Veränderungen im Bezirk fotografisch festzuhalten, indem er Motive wie Häuserfassaden, Straßenansichten, Plätze, Brunnen und Kirchen dokumentierte. Mit der Zeit wurde er beim Dokumentieren des Stadtteils systematischer. Er besuchte Flohmärkte und Antiquariate auf der Suche nach Materialien zu Kreuzberg. Er sammelte Dokumente, Stadtpläne, Objekte und Bildpostkarten.
In den Büchern und Broschüren seiner Bibliothek notierte er die Seitenzahlen, auf denen Kreuzberg erwähnt wird.

All seine Sammlungsstücke ordnete Peter Plewka akribisch. Fotos und Bildpostkarten sortierte er nach Straßennamen und Hausnummern und vermerkte diese handschriftlich auf der Rückseite. Peter Plewka sammelte im Stillen. Nur seine Familie und einige Kreuzberger Antiquariate wussten von seiner Sammlung und seinen Recherchen.

Seine Schwester Irene Köhne spendete dem FHXB Museum große Teile des Nachlasses von Peter Plewka, darunter über 5.600 Ansichtskarten. Das Museum kannte zuvor weder ihn noch seine Sammeltätigkeit.

Foto: November 2022, Privatbesitz Irene Köhne
Foto: November 2022, Privatbesitz Irene Köhne

In seiner Wohnung bewahrte Peter Plewka große Teile seiner Sammlung auf.

Foto: September 2022, Privatbesitz Irene Köhne
Foto: September 2022, Privatbesitz Irene Köhne

Ausflug zu den Wannseeterrassen mit seiner Schwester Irene Köhne, kurz vor seinem Tod.

Autor*in

Jana König
Sonja Lindhauer